Baubericht Springer Tug XXL
Ralf Mölleney

 

Nachdem ich bei einem Vereinsprojekt des SMC „Untere Saar“ e.V. Dillingen einen Springer Tug in der „Standartgröße“ gebaut hatte, ist dieser als praktisches Bergeschiff zu meinem ständigen Begleiter beim Modellbootfahren geworden. An einen zweiten Springer Tug habe ich nicht gedacht, bis ich zufällig zu dem Ausgangspunkt des neuen Projektes kam: 

Aus diesem in der Botanik entsorgten Scooter habe ich den Motor geborgen, der nach Reinigung und Trockenlegung problemlos lief. Daten: 24 V, 14 A, 2500 U/min, Gewicht 2 kg.

Die Antwort auf die Frage, was man mit so einem Teil anfängt, war relativ schnell gefunden: Einen Springer drumherum bauen.

Nach einigen Überlegungen habe ich folgende Maße für den Rumpf des Springers festgelegt: L: 78 cm, B: 34 cm, H:20 cm. Geplante Verdrängung  ca. 15 kg.

Zum Bau des Holzrumpfes nur wenige weitere Angaben, der Bau des schuhkartonartigen Hohlkörpers ist recht simpel: Seitenwände und Deck 6 mm Sperrholz, gebogenes Unterteil 2 mm Sperrholz.

Die Auswahl der Schraube fiel auf eine im Durchmesser dem Motor entsprechende Kortdüsenschraube (Raboesch 4-Blatt-Schiffsschraube Typ E 100 mm). Damit die Schraube samt Kortdüse unter dem Rumpf Platz findet, war es erforderlich, einen Tunnel zu konstruieren, um die erforderliche Einbauhöhe zu realisieren (Bilder unten). Ohne diesen Tunnel hätte ich den Rumpf auf ca. 1 m Länge ausdehnen müssen, was zu einem erheblichen Gewichtsproblem geführt hätte.

Der Tunnel für den Antrieb wurde so dimensioniert, dass der Kiel mit der Rumpfwölbung abschließt, das Schiff also ohne Ständer gerade steht. Die Höhe des Tunnels ist so gewählt, dass er sich noch unter der Wasserlinie befindet. Abschließend wurde der Rumpf in zwei Schichten laminiert.

Eine entsprechende Kortdüse, die diesen Namen wirklich verdient, habe ich im Handel nicht gefunden. Bei den angebotenen Kortdüsen handelt es sich im Wesentlichen um Rohre, die nicht das erforderliche Profil aufweisen. Ich entschied mich daher zum Selbstbau der Kortdüse.

Die Kortdüse wurde nach Prinzipskizzen konstruiert, die in Patentschriften im Internet zu finden sind (z.B. EP 2 060 482 A1, becker marine systems GmbH & Co. KG) und auf einem Holzkern mit GFK aufgebaut. Die Vorgehensweise ist ausführlich auf der Homepage von Georg Steinhauser beschrieben. Die folgenden Fotos zeigen den Bau der Kortdüse, die mit einem Beckerruder kombiniert wurde.

 

Das Ruder habe ich aus Messing hergestellt (hartgelötet) und in eine Nut in der GFK-Kortdüse eingeklebt. Der Drehpunkt der Stützachse für das Beckerruder wurde zunächst auf Papier konstruiert, um den Einschlagwinkel genau festlegen zu können. Die Stützachse greift in ein am Ruder angelötetes U-Profil. Bei einem Einschlag der Kortdüse von 45 Grad hat das Ruder nahezu 90 Grad. Das Schiff dreht dann fast auf der Stelle.

 

Es wurde eine 6-mm-Schiffswelle mit Messing-Stevenrohr M5-Gewinde 450 mm (Raboesch) verbaut. Die Ausrichtung von Welle und Kortdüse bedarf einiger Sorgfalt, damit sich die Düse über der Schraube drehen kann, ohne dass etwas schleift (Spaltmaß 1mm). Um die Welle ausrichten zu können, habe ich den Kiel in Sandwichbauweise aufgebaut und das Stevenrohr später mit Epoxi fixiert.

 

Der Motor ist auf Gummidämpfern gelagert und über eine elastische Kupplung (8mm/6mm) mit der Welle verbunden. Das sorgt für einen fast geräuschlosen Lauf. Zu den Geräuschen komme ich später.

 

Der Decksaufbau orientiert sich an einem Original-Schubschiff, dessen Bild ich im Internet fand. Der Maßstab 1:10 ist auf den Steuermann abgestimmt. Es handelt sich um eine bekannte Action-Figur, die immer viel kaputt macht…(terminiert).

 

Bei meiner Recherche nach einem passenden Rauchgenerator bin ich auf die Seite des RC-Panzerketten-Forums gestoßen, wo der Selbstbau eines Rauchgenerators sehr schön beschrieben ist. Mein Ausgangsmaterial waren eine Gewürzdose, ein Sambal-Olek-Glas, ein Keramikwiderstand, ein Minilüfter, ein Stück Glasfasergewebe als Docht und diverse andere Teile aus meinem Bestand. Das Ergebnis sieht nicht so schick aus, wie bei dem Panzer, es hat aber den Vorteil, dass man den Füllstand des Rauchöls durch das Glas gut sehen kann. Als Rauchöl dient Lampenöl. Der Lüfter wurde in das Lüfterhäuschen hinter dem Führerhaus untergebracht und über einen Gummischlauch mit dem Rauchgenerator verbunden.

 

Der Keramikwiderstand ist mit 47 Ω auf die Spannung des Motorstromkreises von 24 V so abgestimmt, dass das Rauchmodul eine Leistung von ca. 12 W hat. Der Lüfter wird über eine zweite Spannungsquelle (12 V), die auch das Soundmodul versorgt, betrieben. Er ist über Vorwiderstände in zwei Stufen schaltbar (Motorleerlauf- und Fahrtgeräusch des Soundmoduls). Das rechte Messingröhrchen dient der Betankung und ist später auf Deck erreichbar.

 

Das Soundmodul (Beier USM-RC) liefert den Fahrsound eines langsam laufenden Dieselmotors, mit Start- und Abstellgeräusch, diversen anderen Geräuschen, z. B. Glocke, Nebelhorn, Möwen. Darüber hinaus werden über das Soundmodul der Lüfter des Rauchgenerators, eine Kühlwasserpumpe für den Fahrtregler (Volksregler Typ 1, 28 V), und die Beleuchtung gesteuert. Der Visaton-Koax-Lautsprecher (PX10) befindet sich im Boden des Fahrstandes, so dass der gesamte Schiffsrumpf als Resonanzraum genutzt wird. Die Spannungsversorgung des Soundmoduls übernimmt der 12 V Stromkreis.

Den Fahrstrom liefern zwei 12 V Bleigelakkus mit 9 Ah, die zugleich als Ballast dienen. Da der 24 V-Motor nur wenig Strom zieht (im Badewannentest ca. 10 A), sind sehr lange Fahrzeiten möglich; ich habe sie noch nie ausgereizt. Ein dritter Stromkreis versorgt den Empfänger.
Die Trennung der Stromkreise habe ich vorgenommen, nachdem im ersten Fahrversuch, bei dem alle Komponenten aus den Fahrakkus versorgt wurden, Störungen zwischen Soundmodul und Empfänger auftraten.
Der Fahrtregler wurde bei der ersten Testfahrt in der Badewanne recht warm. Ich habe deshalb eine Wasserkühlung der beiden FET’s mit einer kleinen Zahnradpumpe vorgesehen. Die Pumpe wird über einen Step-Down Regler auf niedrige Drehzahl gedrosselt und mittels Schaltausgang des Soundmoduls über ein Relais angesteuert, so dass die Pumpe beim Starten des Motors anläuft.

 

Die Lackierung des Modells begann mit einer rostfarbenen Schicht, die an den später „rostigen“ Stellen mit Wasser benetzt und mit Salz bestreut wurde. Nach dem Trocknen des Salzes wurde grundiert und anschließend die Endlackierung aufgespritzt. Nach dem Durchtrocknen kann an den „gesalzten“ Stellen mit Wasser und Schwamm die Lackschicht aufgerissen werden, so dass der Rostton mitsamt Unebenheiten erscheint und den Eindruck von Roststellen entsteht.

 

Weitere Alterung erfolgte durch „washing“, das auf verschiedenen Modellbauseiten im Internet beschrieben wird, mit Ölfarben, die stark mit Nitro-Verdünnung verdünnt wurden. Sie verlaufen dann sehr gut, mit Braun und Schwarz können verschiedene Rost- und Drecktöne gemischt werden. Für die Alterung ist auf den Seiten der Militär- und Eisenbahnmodellbauer viel Interessantes zu finden. Einfach mal ausprobieren.

 

Zu guter Letzt habe ich noch einige Details ergänzt, die aus dem Puppenstubenbereich stammen (rostiger Eimer, Werkzeugkasten,  Möwen, Ratte etc.). Interessante Hinweise zur „Belebung“ von Schiffsmodellen hat Roger Held, Fahrobmann Modell Schiffbau Club Basel veröffentlicht. Dort findet sich auch der Link auf das Puppenstubenzubehör.

 

Ein erster Fahrversuch auf dem Weiher zeigte, dass das Schubschiff eine erhebliche Bugwelle vor sich herschob, die das gesamte Deck überflutete hat und das Schiff eher unter als über Wasser fuhr. Also 2 kg Blei raus und am Bug ein Schanzkleid nachgerüstet. Danach ging es besser. Sofern der Springer nichts schieben oder ziehen muss, ist im Vorwärtsgang eine Begrenzung des Fahrtreglers auf 50% ausreichend. Mehr Schub führt nur zu einer größeren Bugwelle. Mit voller Leistung habe ich beim Pfahlzug mit einer Federwaage eine Zugkraft entsprechend 8 kg gemessen.

 

 

 

©Ralf Mölleney

 

 Bilder zum Baubericht